Flyer-Aktion vom III. Weg in Britz

Am zweiten Wochenende dieses Jahres wurden in der Hufeisensiedlung wieder rechte Flyer in die Briefkästen der Haushalte geworfen. „Vorsicht Einbrecher!“, warnt das unscheinbare Blättchen im DIN-A6-Fomat auf der Vorderseite. Wer nicht gleich sieht, dass in der Fußzeile die rechtsextreme Partei „Der Dritte Weg“ als Urheber angegeben wird, und das dunkelgrüne Design vielleicht sogar mit dem ehemaligen Auftritt der Polizei assoziiert, könnte glauben, einen stümperhaft fabrizierten Infozettel zu Hauseinbrüchen in der Hand zu halten. Dass es hier nur darum geht, Angst zu verbreiten, ist aber nicht zu übersehen.


Beim Lesen wird auch schnell klar, dass die Sorge um Sicherheit nur ein Vorwand ist, um rassistisches Gedankengut zu verbreiten. Schuld an Einbrüchen seien offene Grenzen, heißt es da, denn „Einbrecherbanden aus Osteuropa“ beträten einzig mit dem Ziel, „Diebestouren“ durchzuführen, „deutsches Gebiet“. Etablierte Politiker sähen dem tatenlos zu, weshalb man gemeinsam mit der „volkstreuen Partei Der III. Weg“ Druck machen solle. Denn zu deren Forderungen gehörten „eine konsequente Abschiebung aller kriminell gewordenen Ausländer und die Verhängung eines lebenslangen Einreiseverbots fremdländischer Straftäter“, und zwar „nicht nur, um die Überfremdung zu stoppen“.


Fast schon komisch, wenn es nicht so traurig wäre, wirkt eine Grafik, auf der Gaunerzinken – hier heißen sie „Zigeunerzinken“ – und ihre angeblichen Bedeutungen aufgeführt werden. Über dem Bild liegt der Schattenriss eines Einbrechers.


Zum Schüren von Ängsten gehören natürlich die üblichen Fehlinformationen. Allein im Jahr 2020 habe es in Deutschland 250.000 Einbrüche gegeben, wird behauptet. Dabei muss man nicht lange im Internet suchen, um zu erfahren, dass die Einbruchszahlen rückläufig sind und im fraglichen Jahr bei 75.000 gelegen haben.


Es liegt auf der Hand, dass für unsere Nachbarschaft mit Reihenhäusern das Sicherheitsthema als geeigneter Anknüpfungspunkt betrachtet wird. Auf der Website der Partei werden neben dem Einbrecher-Flugblatt eine ganze Reihe ähnlicher Produkte aufgelistet. Thema ist fast immer mehr oder weniger offen der Ausländerhass, oder auch einmal Homophobie, aber mitunter werden wie in unserem Beispiel spezielle Zielgruppen angesprochen: z.B. Corona-Unzufriedene, Mieter:innen oder sogar Tierschützer:innen. Rechte, die in einer Nachbarschaft ihrer Wahl die Briefkästen zumüllen wollen, können bis zu 1.000 Exemplare des für ihren Zweck passenden Blättchens bestellen.


Wie ein Blick ins Register Neukölln zeigt, gab es allein im Januar und nur bezogen auf Neukölln sechs weitere Flyer-Aktionen vom III. Weg. Zusammen mit den vermehrten Schmierereien von Hakenkreuzen und anderen Nazi-Symbolen, die seit der letzten Zeit vermehrt in Britz beobachtet wurden (siehe Bericht im Leute-heute-Newsletter Neukölln vom 23.02.2022), verdichten sich die Hinweise auf eine organisierte rechtsextreme Szene, die in unserer unmittelbaren Umgebung aktiv ist.


Die gruseligste Stelle des Einbrecher-Flyers ist daher auch die stolze Verkündung, die „volkstreue Partei Der III. Weg“ habe sich schon in der Vergangenheit „der Sicherheit der normalen Bürger angenommen“ und „mit nationalen Streifen das Sicherheitsgefühl der Anwohner deutlich verbessert“.


Nein! Unser Sicherheitsgefühl schwindet stark durch das Herumstreifen von Rechten, und sei es nur in Form von nächtlichen Flyer-Aktionen. Wir wissen, dass es nicht dabei bleibt und dass manch einer, der heute rechte Flyer einwirft, morgen auch durchaus nach Brandsätzen greift.